GMX – Der Deal mit den Daten

GMX – Der Deal mit den Daten

Handel - pixabay, CC0

Die Gedanken sind frei. Damit wirbt GMX in seinem aktuellen Werbespot für seinen Emaildienst und das Vertrauen seiner Kunden. Der Kinderstimme, die diesen Song singt, mag man doch gleich einen Vertrauensvorschuss geben – Und erst recht dem beruhigenden Kommentar am Schluss des Spots: „Damit die Gedanken frei bleiben. GMX: Der Email-Dienst, dem die Menschen am meisten vertrauen.“ Und dann die Einblendung „E-Mail made in Germany“

Ich dachte mir nur WOW! Das ist mal Marketing vom Feinsten! Aber stimmt das überhaupt? Also habe ich mal den Selbstversuch gemacht – Und war überrascht.

Zunächst einmal gibt es hier den Spot aus der Einleitung, damit sich jeder auch ein Bild davon machen kann:

Im Feldversuch habe ich verschiedene Decknamen verwendet um genau erkennen zu können wo etwas nicht ganz koscher ist. Mit dem ersten Namen, dem „Hauptnamen“ also habe ich mir zunächst eine GMX Emailadresse registriert. Das erweist sich indes schon als relativ schwierig, wenn man noch ein vernünftiges Mail-Alias sucht – Aber das ist eine andere Geschichte.

Gleich nach dem ersten Login hat sich der automatische Mailer von GMX bei mir gemeldet und mich herzlich willkommen geheißen. Als kleines Dankeschön gab es sogar eine kostenfreie Teilnahme am GMX Gewinnspiel. Hier locken fantastische Preise, die in Form einer Lotterie unter den GMX Benutzern ausgelost werden. Tolle Sache, dachte ich mir und habe auf den mitgelieferten Link geklickt. Eine Seite auf dem Webspace von GMX öffnete sich und es wurden Adresse für den Versand im Gewinnfall und Vor- sowie Nachname abgefragt. Die Felder waren bereits vorausgefüllt mit den Daten aus meiner GMX Anmeldung. Hier habe ich nun einen zweiten Alias eingetragen.

Als Dankeschön habe ich dann noch ein paar Gutscheine zur Auswahl bekommen, die saftige Rabatte bei meinem nächsten Einkauf in diversen Onlineshops versprachen. Auch das eine tolle Sache, also mal schnell den dritten Alias eingegeben und ein paar Gutscheine ausgewählt, die auch kurz danach zugestellt wurden. Ich habe mich für myToys und Thalia entschieden. So weit so gut – Dann habe ich erst einmal gewartet.

In den ersten zwei Tagen passierte nichts weiter, doch dann kamen schon die ersten Emails:

GMX Magazin (Auf den 2. Alias, habe ich noch als OK hingenommen)
Thalia (Auf den 3. Alias – Aber der war ja erwünscht)
myToys (Auf den 3. Alias – Ebenfalls erwünscht aber Gutschein zum Zeitpunkt des Erhalts bereits verfallen)

Soweit so gut. Aber dann ging es los. Allesamt auf dem dritten Alias eingegangen:
Galeria Kaufhof Newsletter (3 Mal in 14 Tagen)
Intersport Newsletter (1 Mal in 14 Tagen)
Seguras Versichungen Newsletter (Drei Mal in 14 Tagen)
Tchibo Newsletter (Drei Mal in 14 Tagen)
Themeisle (1 Mal in 14 Tagen)

Also wurde bereits innerhalb der ersten 14 Tagen durch den Gutscheinverteiler meine Emailadresse sowie mein eingegebener Name an mindestens 5 Unternehmen verkauft, mit denen ich in der Form bis dato nichts zu tun hatte und in keinerlei Verbindung zu stand. Auch die Abmeldung von diesen Newslettern zeigte meistens erst beim 2. Versuch den gewünschten Erfolg.

Das Ganze ohne groß angekündigte Weiterverkaufs/Weiterverarbeitungsvereinbarung.

Wenn man sich nun aber denkt, dass GMX daran keine Schuld trägt sondern der Partner mit dem man hinsichtlich der Newsletter und Gutscheine zusammen arbeitet, dann ist man auf dem Holzweg. Im Kleingedruckten von GMX heisst es wörtlich:

Wir erheben, verarbeiten und nutzen Ihre personenbezogenen Daten ohne weitergehende Einwilligung, soweit sie für die Vertragsbegründung und -abwicklung sowie zu Abrechnungszwecken erforderlich sind.

Im Übrigen sind wir ebenfalls berechtigt, Ihre im Zusammenhang mit der Vertragsbegründung erhaltenen personenbezogenen Daten ohne weitergehende Einwilligung für folgende Zwecke zu verwenden:

E-Mail-Werbung oder Markt- und Meinungsforschung per E-Mail für eigene Waren- und Dienstleistungen
Postalische Werbung oder postalische Markt- oder Meinungsforschung
Spendenwerbung für gemeinnützige Organisationen
Sie haben die Möglichkeit, der genannten weitergehenden Datenverwendung jederzeit durch schriftliche Mitteilung an die 1&1 Mail & Media GmbH, Datenschutz, Zweigniederlassung München, Sapporobogen 6-8, 80637 München oder per E-Mail an datenschutz@gmxnet.de zu widersprechen. Im Falle des Widerspruchs kann es aus technischen Gründen kurzfristig noch zu weiteren Zusendungen kommen.

Quelle: https://service.gmx.net/de/cgi/g.fcgi/products/mail/agb/privacy

Also um es verständlich auszudrücken: GMX selber bzw. der Mutterkonzern 1&1 geben die Daten für „eigene Waren- und Dienstleistungen“ heraus – Das bedeutet also im Klartext: Das Gewinnspiel bzw. der Couponservice als Dienst der 1&1 Mail & Media GmbH erhält die Nutzungsdaten und gibt diese dann entsprechend an die Vertragspartner weiter oder versendet für diese ein Mailing. Ab diesem Punkt – oder spätestens wenn man sich dann vom Newsletter abmeldet und dies über die Seite des Werbetreibenden tut, ist nicht mehr nachvollziehbar, was mit den Daten noch geschieht. Denn dann sind die Kontaktdaten bereits außerhalb des Pools von 1&1 – Und mit Drittunternehmen besteht keinerlei Nutzungsvereinbarung – Somit natürlich auch keine Einschränkung.

GMX-User sollten schnellstmöglich einen Widerspruch an die Adresse datenschutz@gmxnet.de senden.

Da kaum jemand die – zumeist kilometerlangen – AGB Texte bei einzelnen Angeboten durchliest oder aufgrund der Hektik der heutigen Zeit erst gar nicht durchlesen KANN, bin ich hier für eine Neuregelung der Daten-Weiterverarbeitungs-Richtlinien. Vor zwei Jahren musste beispielsweise jeder Onlineshop seine „KAUFEN“ Buttons im letzten Step vor dem Vertragsabschluss umbenennen in „Jetzt kostenpflichtig bestellen“ um eine größere Sicherheit und Transparenz für den Verbraucher zu erzielen. Genau das sollte auch bei Angeboten passieren, bei denen in voller Absicht Daten zur weiteren Verarbeitung und Verwendung gespeichert und/oder weitergegeben werden.

Bis dahin sollte man aber definitiv aufpassen, wem man seine Daten anvertraut. Auch wenn es vermeintlich vertrauenswürdige, deutsche Konzerne sind, die einen so rührseligen Werbespot über den Äther werfen – Das immerhin ist jedoch völlig legitim denn: Die Gedanken sind frei – Auch wenn man damit Luftschlösser baut.

 

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